28.10.2011 – Fahrt von Longyan nach Xiamen über Quanzhou

Die Nacht verlief ruhig, wir haben uns mittlerweile gut an die härteren Matratzen gewöhnt, so dass wir einigermaßen gut schlafen. Die Wärme hier im Südosten Chinas ist zwar manchmal etwas schwül, aber im Großen und Ganzen sind wir morgens immer gut ausgeruht und bereit für den neuen Tag.

Heute morgen im Frühstücksraum hatten wir ein Erlebnis, bei dem man dann doch merkt, dass China in einigen Gegenden noch nicht touristisch erschlossen ist. Wir kamen in den Frühstücksraum des Best Western Hotels und hatten erwarteten ein europäischer oder meinetwegen auch mehr amerikanisch orientiertes Frühstück vorzufinden. Doch weit gefehlt! Auch hier bestand das Frühstück in erster Linie aus chinesischen Spezialitäten. Das war aber eigentlich nicht schlimm, dann schließlich waren wir ja auch gewillt, chinesische Spezialitäten zu probieren. Was viel schlimmer war, dass wir uns nicht einmal hier mit Englisch helfen konnten. Als wir die herumlaufenden kindlich aussehenden Kellner nach Kaffee und Tee oder wenigstens heiß Wasser fragen, wurde uns nur ein Schwall chinesischer Worte entgegengeworfen. Niemand war in der Lage, eine simple Konversation auf Englisch zu führen.

Schließlich finde ich die Kaffeemaschine und schaffe es, trotz fehlender europäischer Erklärungen, mir einen Kaffee zu machen. Leider entpuppt sich der als sehr süß und mit viel Milch. Also mehr ein Cappuccino.

Das Frühstück ist recht karg heute. Die kleinen Kuchen sind sehr lecker und es gibt Toast, aber ohne Butter und ohne Marmelade. Mit dem Ei ist es auch schwierig, denn der Aushilfskoch am Eierstand ist nicht sehr motiviert.

Schwach gestärkt gehen die meisten von uns dann gegen halb 9 in den Bus und wir machen uns kurz darauf auf die Reise nach Quanzhou, unserem ersten Tagesziel heute.

Quanzhou ist eine Stadt mit einer 1800 Jahre alten Geschichte, als Küstenstadt markiert sie den Anfang der sogenannten 2. Seidenstraße, der Seidenstraße auf dem Meer. In dieser Stadt kam unter anderem Marco Polo an Land und bereits damals als Millionenstadt beschrieben. In Quanzhou steht die älteste Brücke, die über das Meer führt. Sie ist im Jahr 1080 erbaut worden und wir werden sie unter anderem auf unserem Ausflug heute noch besichtigen. Außerdem werden wir einen buddhistischen Tempel und eine Moschee besichtigen.

Zunächst verlassen wir die Stadt Longyan und fahren über eine Strecke von 14 km nur abwärts, es geht durch Schluchten, die sich ähnlich im Gebiet des Jangtse Flusses wiederfinden. Wir fühlen uns gleich an die schöne China Reise von 2006 erinnert, als Sibylle und ich das erste Mal gemeinsam in China waren.

Auf unserer Fahrt nach Quanzhou fahren wir durch viele Tunnel. Aber wir kommen auch an kleinen Industriegebieten vorbei, die Luft ist hier in den Bergen durchzogen von einem Gemisch aus Nebel und Industrieabgasen.

Als die Fahrt im Bus so dahinplätschert beginnt Yuke, deutsche Volkslieder anzustimmen. Nach anfänglichem Zögern stimmt Uwe das nächste Lied an, eines seiner Limmerick-ähnlichen Sprechgesänge, wie ich es mal formulieren möchte. Dann bittet Yuke unseren chinesischen Reiseleiter, ein einheimisches Lied zu singe. Die Atmosphäre dieses Liedes ist wieder ganz anders. Aber auch Sarah und unser Busfahrer kommen nicht davon und werden von uns gebeten, auch ein Lied zu singen. Das Lied von Sarah wirkt fröhlich, während das Lied des Busfahrers ziemlich melancholisch klingt. Yuke erklärt, dass der Busfahrer aus dem mongolischen Gebiet kommt. Diane singt für uns ein Lied nach Peking-Oper-Art. Zum Schluss kommt Winni nach vorne und beginnt, ein paar ältere deutsche Schlager zum besten zu geben. Insgesamt wird es sehr lustig im Bus und hilft dabei, die Fahrtzeit zu überbrücken.

Dann erzählt Yuke uns wieder etwas über China. Hier in der Fujian Provinz sehen wir viele neue Gebäude, die leer stehen. Das war auch an anderen Orten so und ist immer wieder verwunderlich. Auch hier arbeiten viele Bewohner in den Großstädten, im Ausland oder auch in Japan. Das Geld wird zurück in die Heimat geschickt und die Häuser verweisen dann und verfallen langsam. Aber nach 32 Jahren werden sie ja sowieso neu gebaut, wie wir schon vor ein paar Tagen erfahren haben. Außerdem werden die Häuser nur bis zur fünften Etage gebaut, aufgrund des Grundwasserspiegels.

Yuke fährt mit seiner Geschichtsstunde fort. Er erzählt noch etwas mehr über den Opiumkrieg und wie sich als Folge dieses Kriegs die chinesische Gesellschaft verändert hat.

Als wir um 11 Uhr unseren ersten Besichtigungspunkt erreicht haben, ist es mittlerweile sehr warm im Bus geworden und wir sind froh, etwas frische und vor allem natürliche Luft zu bekommen.

Wir besichtigen eine alte Moschee, die aber mehr einer Baracke gleicht.

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Aufgrund der Tatsache, dass wenige Moslems in Quanzhou leben, wurde die im Jahr 1009 erbaute Moschee in neuer Zeit nie wirklich angenommen und besucht. Damals war die Moschee, die von 4 Schülern Mohammeds erbaut worden war, eines der moslemischen Zentren der Welt. Direkt daneben wurden eine neue Moschee gebaut.

In unmittelbarer Nähe der Moschee steht ein buddhistischer Tempel, den wir zu Fuß erreichen und besichtigen. Er ist so alt wie die Moschee und wird sehr intensiv besucht. Es sind viele Menschen hier, überwiegend jüngere Frauen, die in normaler Alltagskleidung hier ihre Räucherstäbchen anzünden und zu beten beginnen.

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Auch findet hier so etwas wie Wahrsagerei statt, denn mit Hilfe von einer Art Münze versuchen die Chinesen, Entscheidungshilfen zu bekommen. Sie werfen die Münzen aus unterschiedlicher Höhe zu Boden und schauen sich das Ergebnis an. Je nach aufgedeckter Seite ist die Entscheidung positiv oder negativ.

Nach der Moschee gehen wir zum Essen. Wir sind heute früh dran. Es ist erst 12 Uhr. Das Essen ist heute extrem lecker, aber leider etwas sehr reichhaltig, so dass wir gar nicht alles aufessen können.
Wieder im Bus geht die Geschichtsstunde weiter. Wir erfahren, dass in China alle Städte mit mehr als 300.000 Einwohnern einen Tempel haben müssen, wie es aus alter Zeit vom Kaiser vorgegeben war.

Wir sind an der West und Ostpagode der Stadt Quanzhou angekommen und besichtigen das Areal mit seinen Tempeln und Hallen.

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Die Stadt Quanzhou hat die Form eines Karpfens, wie wir erfahren, allerdings ohne Augen. Die umgebenden Berge haben nach den Regeln des Feng Shui aber wie ein Fischernetz ausgesehen, in dem der Karpfen, also die Stadt gefangen war. Darum wurden dann zwei Pagoden gebaut, die in diesem Sinn die Form von Schwerter symbolisierten, die das Fischernetz durchstoßen. Dadurch wurde dann das Feng Shui wieder gut und der Stadt wurde es so ermöglicht, Wohlstand anzuhäufen und qualifizierte Beamte für den Kaiser hervorzubringen.

Die Pagoden, die West und die Ostpagode, waren vor etwa 1400 Jahren, als sie erbaut wurden, weiß. Erst der Smog und Schmutz der Neuzeit haben sie dunkel gefärbt.
Nachdem wir einige Minuten bei der Ostpagode verbracht haben,beginnen wir die Tempel zu besichtigen. Wir sehen uns den Kayuan Tempel an, der um 686 vor Christus erbaut wurde. Als wir weiter durch das parkähnliche Areal wandern, entdeckt Yuke immer wieder Maulbeerbäume. Die inspirieren ihn dazu, uns die Legende dieses Tempels zu erzählen. Nach dieser Legende wurde der Tempel an dem Ort erbaut, an dem ein Maulbeerbaum eine Lotusblüte wachsen lies. Er hat uns von einem Mönch berichtet, der zum Besitzer des Grundstücks kam und um etwas Land bat. Die Größe dieses Stück Land wurde dadurch ermittelt, dass der Mönch seinen Mantel in die Luft geworfen hatte und der Schatten, der dann auf die Erde fiel, markierte den Umriss des Tempels.

Wir gehen weiter durch das Areal und kommen an einen Boody Baum, unter dem von Buddhisatva der Buddhismus begründet wurde.
Dann gehen wir weiter und besichtigen weitere Hallen. In einer dieser Hallen sitzen viele ältere Frauen, sie scheinen zu beten oder sich zu unterhalten. Es ist sehr ruhig dort.

Nach diesem Kulturprogramm geht es weiter mit dem Bus. Wir fahren zum Schiffereimuseum , welche im Jahr 1953 erbaut wurde. Es wurde dann zwar zerstört, aber im Jahr 1992 komplett neu errichtet.
Der Besuch des Museums ist etwas ernüchternd. Ich hatte mir unter einem Museum etwas anderes vorgestellt. Hier befinden fast nur Modelle von historischen Schiffen und der Waren, die damit über die zweite Seidenstraße transportiert wurden. Es wurde leider nichts zu den Schiffen selber erzählt, aus welchem Material sie bestanden oder wie zur damaligen Zeit navigiert wurde. Das Museum hat noch Optimierungsbedarf.

Dann fahren wir zur antiken Brücke von Quanzhou, der Loyung Brücke. Im Jahr 1053 wurde mit dem Bau begonnen, 1059 war sie dann vollendet. Das besondere an dieser Brücke ist, dass sie aus Granit gebaut ist und die Wasser verankerten Pfeiler haben die Form von Schiffen. Wir sind an der Brücke zur späten Nachmittagsstunde, die Sonne steht schon tief und wird bald untergehen. Am gegenüberliegenden Ufer sehen wir die Skyline von Quanzhou, die von der gleißenden Sonne angestrahlt wird. Die Strahlen spiegeln sich in den Gebäuden am anderen Ufer und in dem abfließenden Wasser der Meerenge, an der wir uns befinden. Es ist Ebbe.

Wir genießen die Zeit und vor allem die Ruhe, die hier herrscht. Ganz entspannt schießen wir unsere Fotos. Es ist schön, dass Yuke uns die Zeit lässt, dies zu tun. Wir gehen einmal bis ganz hinüber, dabei können wir noch die Flusskrebse im freigelegten Sand sehen, die aus ihren Löchern hervorkommen.

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Mehr als 1 Stunde verbringen wir an der Loyung Brücke, die Sonne ist bereits untergegangen, als wir uns auf den Weg zum Bus machen und dann anschließend noch rund 60 km nach Xiamen zurück fahren.
Zum Abendessen hat sich Yuke wieder etwas Besonderes ausgedacht. Wir hatten vor einigen Tagen mal erwähnt, wie sich China im Lauf der Zeit verändert hat. Unter anderem waren die chinesischen Abendessen früher meist sehr hübsch dekoriert gewesen und die Teller mit den Speisen selber exotisch garniert. Das fehlte dieses Mal fast komplett.

Diese Bemerkung hat sich Yuke zu Herzen genommen und präsentierte uns an diesem Abend ein Essen in einem Kloster. Er warnte uns vor, dass es heute weder Alkohol zum Essen noch Fleischgerichte geben würde. Doch das war für uns kein Problem.
Das Kloster war für uns auf den ersten Blick nicht als solches zu erkennen, nur an der Tatsache, dass einige kahlgeschorenen Männer mit gelben Kutten umher liefen, lies uns erkennen, das wir hier wirklich in einem Kloster waren. Schon auf dem Weg in den Speisesaal bemerkten wir, dass dieses Restaurant offensichtlich sehr beliebt ist, denn es kamen uns viele junge Leute entgegen, die offenbar hier gegessen hatten.

Das Essen selber war, obwohl rein vegetarisch und mit sehr vielen Tofu-Gerichten, sehr lecker. Zwei Tofu-Gerichte wären für uns auch locker als Fleischgericht durchgegangen. Die Dekoration und Garnierung der Speisen war zwar auch sparsam, aber das Event des Essens hier im Kloster hatte sich wieder einmal gelohnt. Auch auf unserer China Reise 2008 hatten wir ein Abendessen in einem Kloster, aber das kommt bei weitem nicht an dieses Essen heran. Am Ende des Mahls waren wir alle gut gesättigt und zufrieden.
Mit dem Bus fuhren wir dann weiter zu unserem Hotel, welches netterweise das gleiche Hotel war, wie schon ein paar Tage zuvor. Vor dem Hotel erwartet uns ein mittleres Chaos. 3 große Busse stehen bereits auf dem dafür nicht ausgelegten Parkplatz des Stadthotels. Dazu kommen noch sehr viele Pkws, die den übrigen Platz einnehmen. Nur eine Gasse zum Eingang des Hotels ist frei. Es ist uns ein Rätsel, wie der Busfahrer sich hier durch manövrieren will, aber er schafft es und parkt direkt vor dem Eingang. Während er mit dem Ausladen der Koffer beginnt, gehen wir mit Yuke zum Einchecken. Das geht recht schnell, da wir ja schon einmal hier gewesen sind. Allerdings stellen wir fest, dass wir nicht die einzigen Gäste des Hotels sind. Bei weitem nicht! Zwei große Hochzeitsgesellschaften sind in diesem Hotel abgestiegen, in der Empfangshalle werden fleißig Fotos der Brautpaare gemacht, die Brautjungfern und Verwandten der beiden Brautpaare laufen umher und scheinen teilweise genauso nervös zu sein, wie das Paar selber.

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Die Paare sehen so jung aus, wie Kinder, und vor allem so dürr!
Nachdem wir uns von den Hochzeitspaaren gelöst haben, gehen wir kurz auf die Zimmer und machen uns frisch. Dann verabreden Martina, Michi, Sibylle und ich uns noch für einen kurzen Bummel in der Einkaufspassage neben dem Hotel. Wir wollen diesen schönen Tag noch mit einem schönen Glas Great Wall of China ausklingen lassen, sowie einem leckeren Eis bei McDonalds. Das hatten wir bei unserem letzten Besuch in Xiamen auch gemacht und es war mal eine schöne Abwechslung zum durchgehend asiatischen Essen der letzten 2 Wochen.

 

Während wir durch die Gasse schlendern, schauen Sibylle und ich noch ab und zu in die Teeläden, denn durch Yukes Teezeremonie haben wir Spaß an dieser Art des Tee Genießens gefunden, so dass wir uns vorgenommen haben, bei nächster Gelegenheit ein kleines Teebrett zu kaufen. Aber leider werden wir hier nicht fündig. Für viel Geld könnten wir ein großes Teebrett bekommen, doch das brauchen wir nicht. So vertagen wir den Kauf und gehen nach dem Eis und dem Kauf des Weines wieder ins Hotel.

 

Leider war die Einkaufspassage mehr eine Modemeile oder eine Präsentationsstrasse für getrocknete Meeresfrüchte, denn einen Weinladen oder einen Kiosk, mit einem größeren Weinsortiment konnten wir nicht finden. So waren wir gezwungen, statt eines Great Wall Weins, den wir kennen und der dem Geschmack europäischer Weine noch recht nahe kommt, einen anderen einheimischen Wein zu kaufen. Doch der entpuppt sich beim späteren Genuss auf unserem Zimmer leider als recht sauer.
Dennoch genießen wir den Abend und schlafen dann später etwas erschöpft aber zufrieden ein.

 

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