26.10.2011 – Von Xiamen nach Yongding

Heute verlassen wir die Insel Xiamen schon wieder, aber in ein paar Tagen sind wir wieder in diesem Hotel. Von hier aus werden wir dann unsere Tibet und China Reise beenden und über Shanghai nach Deutschland zurückfliegen. Doch erst steht heute noch der Besuch der Hakka Rundhäuser auf dem Programm.

Wir haben ganz gut geschlafen und freuen uns jetzt auf das Frühstück. Ich habe gesehen, dass es im Hotel mindestens 3 Speisesäle gibt. Yuke hatte uns gesagt, dass wir im 2 Stock Essen. Doch als wir dort hinein wollen, kommt er angelaufen und händigt uns neue Essensgutscheine im Tausch gegen die alten aus. Er hatte nämlich festgestellt, dass es in diesem Restaurant keinen Toast gibt, wohl aber im Restaurant unten im Erdgeschoss. Also gehen wir runter und suchen uns dort einen Tisch, heute wieder mal zu 10. Das war ja die letzten Male nicht möglich, da die Tische immer nur für maximal vier Personen passten bzw. die wenigen Tische, die mehr Platz hatten, waren immer besetzt gewesen, wenn wir vier aus Norderstedt in den Frühstücksraum kamen.

Das Essen war sehr lecker, aber leider zog es in dem Frühstücksraum sehr stark. Die Chinesen haben die Angewohnheit, immer und überall die Klimaanlage auf volle Umdrehung zu stellen. Für Chinesen bedeutet die Klimaanlage Status. Wenn wir möchten, dass sie ausgestellt wird, stoßen wir damit immer auf Unverständnis.

Dann checken wir aus und besteigen den Bus, der bereits vor dem Hotel wartet. Unsere beiden örtlichen Reiseleiter sind auch da. Wir fahren los und Sarah ergreift das Mikrofon, neben ihr sitzt Herr Cheng, der die eigentliche Fachkenntnis hat und ihr souffliert, während Sarah uns die Informationen mitteilt. Leider ist der Wortschatz von Sarah recht beschränkt. Sie muss immer wieder stocken und Yuke um Rat fragen, wodurch der Sinn ihrer Erzählungen stark beschränkt wird. Man kann nicht sagen, dass sie sich nicht bemühen würde, aber ihr fehlt es eindeutig an Praxis.
Schließlich greift Yuke ein und erklärt uns noch einmal, was Sarah uns eigentlich vermitteln wollte.

Die Hakka Häuser sind runde Festungsbauten, die mehreren Familien als Unterkunft und Schutz dienen. Sie sind vollkommen aus Lehm oder Lehmziegeln gebaut und in 8 Segmente aufgeteilt, gemäß den Regeln von Feng Shui. Seit 3 Jahren sind die Häuser, von denen es inoffiziell rund 10.000 gibt, offiziell aber nur 1.300, Weltkulturerbe.

Auf der knapp 3 Stunden dauernden Fahrt zu den Hakka Häusern fahren wir, nachdem wir erst einmal die Stadt hinter uns gelassen haben, an endlosen Bananenplantagen vorbei. Die Bananen sind eine von 6 wichtigen Obstsorten, die in dieser Provinz angebaut werden. Die anderen Sorten sind das Drachenauge, die Orange, die Ananas, die Honigpampelmuse und die Litchi. Nach den nicht enden wollenden Bananen kommen dann, je weiter wir wieder in die Berge fahren, die Teeplantagen. Der Tee ist übrigens sehr wichtig für die Bewohner dieser Provinz. Ohne Tee können die Menschen hier nicht leben. Tee wird in jeder Lebenslage getrunken. Uns wird erzählt, das die Menschen hier 8 Stunden am Tage schlafen, 4 Stunden essen und weitere 4 Stunden für die Teezeremonie nutzen.

Nach fast exakt 3 Stunden erreichen wir die Hakka Häuser. Aber was wir zunächst zu sehen bekommen, lässt uns schon ein wenig erschaudern. Yuke hatte uns gesagt, dass wir heute einen nicht so überlaufenen Touristik Spot sehen würden, doch das wird nicht mehr von langer Dauer sein. Man ist im Begriff, hier ein richtiges Touristenzentrum hochzuziehen. Überall wird gebaut, das Touristen Informationscenter ist bereits fertig, aber dennoch fahren überall kleine Bagger herum und laufen Menschen mit Eimer und Schaufel herum.

Wir gehen zunächst zu einem Aussichtspunkt, der auf einem kleinen Hügel liegt. Viele Treppen führen dahinauf, doch bei der schwülen Luft ist der Aufstieg sehr schwer. Die hohe Luftfeuchtigkeit lässt uns immer wieder Pause machen. Uwe ist natürlich als erster oben, er ist wieder „läufig“, wie wir zu sagen pflegen. Diesen Ausdruck benutzt Yuke sehr gerne, wenn jemand aus der Gruppe vorweg rennt und noch vor ihm am Ziel ist, oder auch einfach wenn ein Mitglied der Gruppe einfach nicht zu sehen ist.

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Der Blick vom Aussichtspunkt ist wirklich imposant. Wir können fünf runde und ein eckiges Hakka Haus sehen, leider sehen wir auch, dass man sich hier auf einen Massentourismus vorbereitet. Neben dem fast fertigen Touristikzentrum sind die Hakka Häuser fast komplett von einheitlich aufgebauten mehrgeschossigen Häusern zugebaut. Das verschandelt den Blick natürlich und stört den Gesamteindruck. Nichtsdestotrotz ist diese Art des Hausbaus sehr faszinierend und wir nehmen vom Aussichtspunkt einen anderen Weg hinab, um uns eines der Rundhäuser einmal anzuschauen.

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Yuke hat uns im Bus erzählt, dass man die Rundhäuser in den 80er Jahren unter der Regierung von Präsident Ronald Reagan auf Satellitenbildern als Atomsilos identifiziert hatte und ein Agent damit beauftragt wurde, dies genauer zu untersuchen. Erst dabei kam heraus, dass es keine Silos sondern Wohnhäuser waren, die seitdem einen immer stärker werdenden Besucherstrom zu verzeichnen haben.
Diese runden Festungsbauten sind sehr alt, die ältesten wurden im Jahr 1700 erbaut, die jüngsten im Jahr 1950 fertiggestellt. Jedes dieser Häuser besitzt 3 Ringe und ist aufgeteilt in 8 Segmente. Es gibt 2 Brunnen, einen hohen und einen tiefen Brunnen, gemäß Ying und Yang aus dem Taoismus. Wasser hat für das Hakka-Volk eine besondere Bedeutung, es bedeutet Geld und Wohlstand. Aus diesem Grund wurden die Dächer so konstruiert, dass Regenwasser in den Innenbereich der einzelnen Ringe abfließt und dort in Rinnsalen gesammelt wird. Kein Wasser soll das Haus verlassen, was gleichbedeutend ist, dass kein Geld das Haus verlässt.

Die Außenwände sind zwischen 1,1m und 1,7m dick, der Innenbereich ist nicht mehr nur aus Lehm gebaut, sondern mit Holzkonstruktionen verstärkt und ausgebaut. Heutzutage befindet sich im äußersten Ring die Souvenir-Meile, früher wird es sicher anders ausgesehen haben. Ins oberste Geschoss können wir leider nicht, da die Holzkonstruktion uns alle gleichzeitig nicht aushalten würde.

Da in diesen Häusern sehr viel Holz verbaut wurde, gibt es vor jedem Hakka-Haus einen Teich, der als Löschwasser dient.
Jedes Hakka Haus besitzt 3 Tore. Den Hakka-Häusern wurde 1986 eine Briefmarke gewidmet.

Der Besucheransturm ist wirklich sehr groß, so dass Yuke seine Erklärungen vor dem Haus macht, bevor wir uns hinein wagen und langsam selber umher gehen. Zuvor ist aber noch Zeit für ein Gruppenfoto vor einem Gedenkstein, mit dem schönen Hakka Haus im Hintergrund. Während unsere Fotografen sich mit ihren Kameras abwechseln, kommt von hinten plötzlich ein Chinese mit seiner Kamera angelaufen und stellt sich schnell neben Yuke und schießt ebenfalls ein Foto, dann rennt er auch schon wieder weg und verschwindet ein paar Meter weiter hinten auf der anderen Seite des Weges in einer unscheinbaren Baracke.

Während wir uns in das Gewusel aus chinesischen und koreanischen Touristen werfen und ein paar Fotos schießen von den Mauern, den Menschen und den antiken Dächern, kommt plötzlich ein Mann durch das Menschengewirr auf uns zu und hält uns einen gelben Umschlag entgegen. Er öffnet den Umschlag und wir sehen uns auf einem Foto. Der Mann vorhin, der sich neben Yuke gesellt hatte, war ein professioneller Fotograf, der in Windeseile ein Foto geschossen und dann in seiner Baracke ausgedruckt hat. Er möchte 10 Yuan für das Foto haben, umgerechnet etwa 1,20 EUR. Natürlich bestellen wir alle ein Foto bei ihm. Mit dieser Info läuft er wieder fort und wir fragen uns, ob wir ihn wieder sehen, ob er uns in diesem Gewirr überhaupt findet.

Doch tatsächlich, nach nicht einmal 15 Minuten ist der Mann wieder da und hat für jeden von uns ein Gruppenfoto ausgedruckt. Wir geben ihm das vereinbarte Geld und sind froh. Wir setzten die Besichtigung fort.

Vor jeder kleinen Wohneinheit sitzt ein Mann oder eine Frau und dreht Tabak zu Zigaretten, sortiert Tee oder bietet Souvenirs an.

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Wir Langnasen erwecken natürlich viel Aufmerksamkeit und wir verstehen nicht, was uns im einzelnen angeboten wird, aber auf jeden Fall sind alle Menschen hier sehr freundlich. Nach einer ganzen Zeit sind wir bestimmt schon zwei mal um das Haus herumgegangen, wir haben jeden Ring besichtigt und machen uns auf den Weg nach draußen.

Nach diesem Haus besuchen wir noch ein zweites Haus, welches statt drei innerer Ringe über einen großen Platz verfügt. Der Besitzer des Hauses lädt uns freundlich ein, einmal seine Ahnenreihe anzuschauen und erzählt uns etwas über die Geschichte dieses Hauses.Als er fertig ist, entzündet er Weihrauchkerzen und gibt jedem von uns eine in die Hand. Das soll Glück bringen. Als Gegenleistung fordert er von uns Geld für seinen Tempel. Kein Wunder, dass er so reich geworden ist.

Nach dem Besuch des zweiten Hakka-Hauses geht es langsam wieder zurück zum Bus. Es liegt noch etwas Fahrt vor uns, bevor wir im Hotel in Yongding sind. Auf dem Weg dorthin hat Yuke aber noch eine weitere Anlage mit Hakka Häusern aufgetan, die wir besuchen werden. Auch diese Anlage ist schon touristisch aufbereitet worden, doch zum Glück sind im Moment sehr wenige Touristen hier. Die Anlage ist ziemlich groß und umfasst einen Rundweg an einem Fluss, der zu verschiedenen Tempeln und Häusern führt. Wir gehen den Weg entlang und kommen dabei an vielen Bananenstauden vorbei. Man hat das Gefühl, mitten in einem lebenden Dorf zu sein, wo noch Gemüse angebaut wird und die Menschen, in diesem Fall die Hakka, ihrem normalen Tagesablauf nachgehen. So mutet es dann doch etwas seltsam an, als wir ein Haus besichtigen, dass offensichtlich als Müllhalde dient. Überall liegt am Boden Unrat und Abfall herum, alte Metallteile, Ziegel, Holzverschnitt und dazwischen laufen die Hühner und Hunde herum. Eine Frau sitzt am Eingang mit ihrem kleinen Wagen und möchte Getränke und Souvenirs verkaufen, doch da die ganze Anlage nicht sehr gemütlich aussieht, gehen wir weiter.
Wir gehen den Rundweg weiter und kommen zu einer Brücke. Gleich rechts hinter der Brücke am anderen Ufer können wir viele Schalen mit Kakis sehen, die in der Sonne getrocknet werden. Das ist ein herrliches Farbenspiel, was sich uns in der warmen Nachmittagssonne bietet. Unsere Fotografen sind von diesem Motiv gar nicht mehr loszubekommen. Doch wir haben noch etwas Weg vor uns und müssen weiter.

Kurz hinter dem Stand an dem Kakis verkauft werden bleibt Yuke dann stehen und zeigt uns einen sehr alten Tempel,

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ein paar Meter weiter sehen wir ein altes Wasserrad, welches noch immer in Betrieb ist.

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Dann geht es auch schon weiter zu dem nächsten Hakka-Haus. Dieses Haus ist so besonders, weil es einem hohen Beamten gehörte und über zwei zusätzliche rechteckige Häuser rechts und links verfügte. Als wir das Haus betreten sind wir hocherfreut, endlich einmal allein zu sein. Die Stille ist wirklich herrlich und wir genießen es sehr. Der Innenhof bzw. die Decken der drei Etagen sind geschmückt mit unzähligen roten Lampions. Dieses Haus verfügte auch nicht über mehrere innere Kreise, sondern nur über einen großen Tempel im Zentrum des Hauses. Aber auch hier saßen einige Bewohner des Hauses vor ihren Wohneinheiten und versuchten Souvenirs an den Mann zu bringen, oder sie drehten Zigaretten, wie wir es bei den anderen Häusern schon gesehen hatten. Reis und Tabak waren in dieser Provinz wichtige Industriezweige.

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Während Yuke uns etwas über die Geschichte dieses Hauses zu erzählen versuchte, wuselte ständig ein älterer Mann mit einer Skizze vor ihm herum und versuchte ihm etwas zu sagen. Erst nach einigen Minuten ging Yuke auf den Mann ein. Er wusste schon warum, denn der alte Mann meckerte und beschwerte sich, dass dies sein Haus sei, aber die Kommunistische Partei alle Eintrittsgelder selber einsteckte. Er wollte uns nun auf das Dach seinen Hauses führen, natürlich gegen eine kleine Gebühr. Leider waren wir inzwischen nicht mehr in der Verfassung und Motivation, darauf noch einzugehen, und verließen das Haus wieder. Langsam gingen wir durch das Hakka Dorf und wieder Richtung Bus. Unser Programm für heute war beendet und wir konnten uns nun wieder auf den Weg zum Hotel machen.

Die Fahrt im Bus nach Yongding verbringen die meisten von uns mit schlafen. Das ist schade, denn in den wenigen wachen Momenten sehe ich eine sehr interessante Landschaft an uns vorüberziehen. Viele Berge umringen uns, die Autobahn und die Landstraßen führen durch ein Tal, das durch seine Plantagen sehr an Vietnam erinnert. Das Wetter unterstreicht diesen Eindruck noch. Aber wir befinden uns ja auch in Südchina.

Gegen 18 Uhr kommen wir in Yongding an. Wir erledigen die Formalitäten und gehen dann aufs Zimmer. Die Zimmer sind noch sehr modern, vor allem das Badezimmer mit bodentiefer großer Glasdusche, das ganze Hotel ist neu.

Nach dem Abendessen, welches wie in dieser Provinz üblich sehr fett und variantenarm ist, gehen wir noch kurz in die Stadt, die gleich hinter der Brücke liegt. Dabei stellen wir fest, das Yongding eine einzige Baustelle ist. Die Straße ist aufgerissen, wir gehen über eine Baustelle um ins Zentrum zu gelangen, während neben uns die Bagger fahren. Lange macht das keinen Spaß und wir gehen zurück ins Hotel und schlafen.

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