09.11.2014 – Mexiko Stadt

Der heutige Tag ist schwierig in Worte zu fassen. Es war auf jeden Fall ein ereignisreicher Tag, man könnte auch sagen, es war ein chaotischer Tag. Auf jedem Fall war es nicht „Kai’s Tag“.

Aber der Reihe nach. Nachdem Sibylle und ich gestern abend früh schlafen gegangen waren, erwachten wir dann mitten in der Nacht zum ersten Mal. Nach deutscher Zeit war es etwa halb 9 am Morgen. Doch wir drehten uns beide wieder um und schliefen auch gleich weiter. Um fünf Uhr mexikanischer Zeit war es dann aber doch vorbei mit dem Schlaf, wir hatten einfach zuviel davon gehabt. Aber wir waren beide ausgeruht und fit für den Tag. Eine aufregende Millionenstadt erwartete uns, eine gefährliche Stadt, wenn man der allgemeinen Meinung folgen wollte. Aber wir waren vorbereitet und würden vorsichtig sein. Die Zeit bis zum Frühstück nutzten wir, um noch ein bißchen im Buch „Kulturschock Mexiko“ zu lesen. Ein sehr informatives Buch, um etwas in knapper und anschaulicher Form über Land und Leute zu erfahren. Schon 2007 in Indien hatte uns diese Buchreihe als Vorbereitung sehr geholfen.

Gegen 7:30 Uhr fuhren wir hinauf auf die Dachterasse unseres zentral am Zocalo gelegenen Hotels und betraten den Frühstücksraum. Es waren schon ein paar aus unserer Reisegruppe anwesend, aber es war kein Platz mehr frei, um sich dazu zu setzten.  Aber da kam dann auch schon unsere Schweizerin, Maru, und wir suchten uns einen größeren Tisch, so dass auch die anderen sich noch dazu setzen konnten. Bei einem leckeren mexikanischen Frühstück lernten wir uns dann etwas besser kennen. Erste Reiseerlebnisse wurden ausgetauscht und wir erfuhren von Hildegard und Michael, das es gestern abend auf dem Zocalo noch heftige Demonstrationen gegeben hatte. Es gab einen großen Polizeieinsatz und Feuer wurde auf das Rathaus geworfen. Sibylle und ich hatten davon nichts mitbekommen, denn wir hatten tief und fest geschlafen. Aber von den Mitreisenden hatten einige das Schauspiel von der Dachterasse aus beobachtet.

Nach dem Frühstück ging es dann hinunter. Um 9 Uhr wollten wir mit unserer Stadtbesichtigung starten. Zunächst trafen wir auf die beiden letzten Mitreisenden unserer Tour: Anja und Alexander. Bereits hier wurde ein wenig deutlich, dass Kai, unserer Guide für die nächsten Tage, nicht wirklich ein Organisationstalent besitzt. Zunächst hielt er es nicht für nötig, uns die beiden vorzustellen. Dann ging es darum, dass einige von uns noch Geld tauschen wollten und eine Wechselstube aufsuchen wollten. Aber Kai, der sich ja eigentlich hier auskennen sollte, hatte keine Ahnung, wo man jetzt Geld wechseln konnte. Außerdem hatte sich herausgestellt, dass einige aus der Gruppe gerne zu den Schwimmenden Gärten fahren würden, die nicht auf dem offiziellen Reiseablauf enthalten waren. Hier mußte Kai dann erstmal das Handy des Fahrers bemühen, denn es seins war am Tag zuvor auf dem Flughafen heruntergefallen und lies sich seitdem nicht mehr aufladen.

Zu Fuß ging es dann zum Zocalo, dem gewaltigen Hauptplatz von Mexiko Stadt. Wir besuchten die riesige Kathedrale am Hauptplatz und erfuhren von Kai, das Mexiko Stadt auf einem ausgetrockneten See errichtet wurde. Der Untergrund des gesamten Stadtgebietes ist aber so weich, dass die Stadt jährlich um einige Zentimeter absackt. Man sieht dies ganz deutlich an den Gebäuden, die an einigen Stellen gefährlich schief geneigt sind. Auch auf dem weiteren Spaziergang durch die Stadt konnten wir immer wieder Beispiele diesen Absackens entdecken.

Nach der Kathedrale ging es Richtung Templo Mayor.

Templo Mayor

Templo Mayor

Hier hatte einst eine riesige Atzteken-Pyramide gestanden, dessen Überreste man heute noch bewundern kann. Da heute Sonntag ist, so sagte uns Kai, würden wir umsonst hineinkommen, denn eigentlich war der Besuch des Templo Mayor nur von außen für diese Reise vorgesehen. Also gaben wir unsere Rucksäcke ab und reihen uns in die Schlange der wartenden Mexikaner ein. Doch als wir dann dran sind ist die Überraschung – vor allem für Kai – groß! Der freie Museumssonntag gilt nur für Mexikaner oder in Mexiko Stadt lebende Ausländer, nicht aber für uns Touristen!

Wir sind schon etwas verwundert, das Kai nicht wußte, dass diese Regelung nicht für Touristen gilt. Von einem Reiseleiter hätte ich so eine Information erwartet.  Also gehen wir weiter in Richtung Nationalpalast, wo ein paar Bilder von Diego Riviera hängen sollen. Doch auch hier haben wir es, wie überall in der Stadt, mit großer Polizeipräsenz zu tun. Die vor ein paar Wochen entführten und mittlerweile toten Studenten haben massive Proteste in der Bevölkerung zur Folge gehabt und im ganzen Land Demonstrationen von heftigstem Ausmass hervorgerufen. Wir sahen bei unserem Weg durch die Stadt überall Polizei.

Es schien uns, als würde Kai jeden zweiten Polizisten ansprechen und etwas erfragen. Der eine Polizist sagte ihm, das wir noch in die Galerie gehen können, doch als wir dann direkt davor sind und hineinwollen, werden wir von einem weiteren Polizisten gestoppt. Die Galerie sei für die Öffentlichkeit zur Zeit geschlossen. Man erwarte heute abend massive Unruhen und die Polizei fürchtete, das es heftige Ausschreitungen geben könnte.

Wir gingen erst einmal zurück zum Hotel und ein paar Reisende holten Geld aus dem Automaten, dann setzten wir den Weg durch die Stadt fort. Unser Weg führte uns vom Zocalo fort und in Richtung der Fußgängerzonen. Hier war zunächst noch wenig los. Anhand von alten Gebäuden und insbesondere von zwei Kirchen können wir immer wieder erkennen, wie sich die Stadt im Lauf der Zeit abgesenkt hat und es immer noch tut. Durch einen schmalen Hauseingang gingen wir durch ein Restaurant, in dem die Kellnerinnen rosa-farbene Halskrausen trugen. Auf der anderen Seite bogen wir nach rechts ab und landeten unversehens vor einer gewaltigen Menschenansammlung von Mexikanern aller Altersstufen. Kai erklärte uns, dass sich hinter diesen Gitterstäben 3 Meteoriten befänden und wir vor einer alten geologischen Schule ständen.

Meteorit

Meteorit

Aber er beteuerte auch immer wieder, dass er nicht damit gerechnet hatte, das heute so viel los ist. Er konnte sich das einfach nicht erklären. Nachdem wir uns kurz durch die mexikanische Traube geschlängelt und einen kurzen Blick auf die schwarzen Gesteine aus dem All geworfen hatten, ging es die Straße herauf zu einem alten Postamt, das noch immer sehr schön und gepflegt aussah.

Besonders beeindruckend war das Treppenhaus mit seinen zwei Aufzügen, links und rechts der langen Treppe.

Altes Postamt

Altes Postamt

Hier machten wir ein paar Bilder. Auf dem Weg hinunter sprach uns plötzlich eine junge Frau auf Deutsch an. Es stellte sich heraus, das sie und ihr Mann in der Nähe von Jörg und Kerstin gelebt hatten und jetzt aber in Puebla leben und arbeiten. Wir kamen ganz ungezwungen ins Gespräch.

Auf dem Weg zum Anthropologischen Museum wird diskutiert, wer mit zu den schwimmenden Gärten fährt. Es gibt etwas Chaos. Maru möchte lieber zum Blauen Haus von Frieda Kahlo. Kai läuft zur Höchstform auf. Es wird überlegt, wie man die Zeitabläufe unter einen Hut bringt. „Ok, ich habe einen anderen Vorschlag“ hörten wir während dieser Zeit ein paar Mal von ihm. Schließlich haben wir uns darauf geeinigt, die Schwimmenden Gärten auszulassen, da Kai uns hier eine Fahrzeit von insgesamt 4 Stunden avisiert hatte. Wir wollten nun mit einem Taxi zum Museum von Frida Kahlo, dem Blauen Haus fahren. Aber auch dieser Vorschlag mußte von uns kommen, Kai konnte dem nur noch zustimmen.

Nachdem wir uns in die lange Schlange zum Eingang des Anthropologischem Museums eingereiht hatten, hörten wir Kai sagen: das wußte ich nicht, das heute so viel los ist!

Wir wollten einen kleinen Snack zu uns nehmen und dann gleich weiter ins Museum. „Ich könnte einen ganzen Tag im Museum verbringen“, meinte Kai noch auf dem Weg zum Anthropologischen Museum. „Aber erst ruhen wir uns etwas aus und trinken ein kleines Bierchen“ war dann sein Vorschlag, als wir das Museum erreichten. Ausruhen wovon? Wir hatten im Bus gesessen und waren erholt. 15 Minuten sollte die Pause nur dauern. Doch statt dessen verbrachten wir eine Stunde in dem kleinen Museumsrestaurant. Kai hatte die Zeit überhaupt nicht im Griff, kein Wunder ohne Uhr und ohne Handy und 2 Tequilas zur Mittagszeit. Diese Zeit ging dann leider von dem Besuch des wirklich beeindruckenden Museums ab.

Schlangenkopf

Schlangenkopf

Hier war Kai zwar voll in seinem Element, er wußte wirklich viel über die Mesoamerikanische Geschichte, aber der Gang durch die Hallen war dann doch sehr gehetzt.

Gebeine

Gebeine


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Auf unsere Fragen hieß es dann meist: das erzähle ich euch morgen. Wir hatten nur noch knapp 2 Stunden Zeit für das Museum, und diese 2 Stunden vergingen wie im  Flug.

Zusammen mit Anja und Alexander verließen wir das Museum. Die beiden hatten ihre Reise individuell gebucht und unter anderem für den heutigen Tag auch die Besichtigung der Schwimmenden Gärten inklusive Bootsfahrt gebucht. Wir anderen wollten fast alle zum Museum Frieda Kahlo fahren. Wir mussten einige Zeit auf die beiden Fahrer warten, die zum einen die Gäste zu den Schwimmenden Gärten brachten und zum anderen diejenigen zurück ins Hotel fuhren, die nicht mit ins Museum wollten. Dann ging es dann schließlich doch endlich weiter.

Unser weitere Plan war es, mit zwei Taxen zum Blauen Haus zu fahren. Relativ schnell waren die Taxen gefunden und es ging durch die Stadt in den Bezirk Coyoacan, wo das Blaue Haus steht. Maru, unsere Schweizerin, ist ein wahnsinnig großer Fan von Frieda Kahlo und wollte auf jeden Fall diesem Museum einen Besuch abstatten. Sie war sehr glücklich, als wir endlich dort ankamen. Während Taxi 1 bereits angekommen war, ich Kais Anteil am Fahrpreis übernahm, weil er pleite war und erst morgen Geld bekam, war von dem zweiten Taxi keine Spur. Wir reihten uns in die lange Schlange der Besucher ein, die in das Museum wollten. 2 Häuser war die Schlange lang und ging nur langsam voran. Es dauerte etwa weitere 15 Minuten, bis das zweite Taxi auftauchte. Weitere 25 Minuten dauerte es dann noch, bis wir hinein kamen. Das Museum, in dem die berühmte mexikanische Malerin Frieda Kahlo mit ihrem Mann Diego Riviera gelebt hat und wo sie gestorben ist, war sehr nett aufbereitet. Es hingen natürlich viele Gemälde der Künstlerin und ihres Mannes, aber es waren auch die persönlichen Zimmer zu besichtigen, besonders erwähnenswert ist hier das große, lichtdurchflutete  Atelier, in dem die beiden Künstler arbeiteten. Farben und Malwerkzeug lagen offen herum und man hatte den Eindruck, Frieda Kahlo wäre nur gerade eben hinausgegangen und würde gleich wieder kommen.

Nach dem Besuch des Museums brachte Kai uns dann zur Busstation. Wir gingen durch den Stadtteil, in dem er lebte, und in dem das mexikanische Leben tobte. Viele Menschen waren auf den Straßen unterwegs und in den Parks. Es herrschte eine ausgelassene, freundliche und friedliche Stimmung. In diesem Stadtteil hätte man ruhig etwas mehr Zeit verbringen können. Die Stimmung steckte uns an. Aber bald erreichten wir dann die Busstation und fuhren mit dem gleich darauf kommenden Bus zur Metro. Leider fuhren wir eine Station zu weit und mussten dann zu Fuss wieder zurückgehen, aber da das Wetter sehr angenehm war, war dies nicht so schlimm.

Wir erreichten die Metro und gingen zum Bahnsteig hinunter. Wir hatten uns die Metro voll und vor allem gefährlich vorgestellt, aber statt dessen war hier gar nichts los. Die einzige Aufregung bestan darin, das Gaby und Hildegard noch schnell in die stehende Metro sprangen, als diese bereits die Türen schloss. Wir anderen kamen nicht mehr hinterher und konnten nur noch zusehen, wie die beiden abfuhren. Wir mussten die nächste Bahn nehmen. Diese kam aber wenige Augenblicke später.

Am Zocalo stiegen wir aus und erwarteten ein großes Polizeiaufgebot und die angekündigten Unruhen. Doch nichts dergleichen war zu sehen. Ein paar Polizisten kamen uns entgegen, aber diese waren gelöst und relativ fröhlich. Als wir an die Oberfläche auf den Zocalo kamen, war hier wenig los. Alles war ruhig. Im Hotel angekommen wollten wir dann sogleich wieder los zum Essen. Die Suche nach einem Restaurant erwies sich als schwierig. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir ein Restaurant fanden. Dann ging es zurück ins Hotel, wo wir eigentlich noch einenTequila als Abschluß trinken wollten. Doch leider hatte die Bar gerade geschlossen. Also ging es dann doch ins Bett.

Auch wenn dieser Tag recht chaotisch klingt, hatten wir auf jeden Fall unseren Spaß. Wir hoffen nur, dass die nächsten 4 Tage mit Kai etwas geordneter ablaufen, danach wechselt dann der Reiseleiter.

2 Kommentare

  • Helga und Karl sagt:

    Halloo, Ihr Beiden
    Das fing ja gut an. Man hat eben oft andere Erlebnisse, als
    man erwartet hat.. Bei den schwimmenden Gärten waren wir
    auch nicht. Einfach aus Zeitgründen. Das Museum ist aber wirklich toll.
    Hat Euch das Dach über dem Innenhof auch solchen Eindruck
    gemacht?.
    Wir freuen uns auf weitere Berichte.
    Grüße aus Klecken
    Helga und Karl

  • Maru sagt:

    Liebe Sybille und Matti
    Wau! Da haben wir aber echt eine tolle Reise gemacht!
    Beim Lesen des spannenden und detailgetreuen Blogs ist mir so richtig bewusst geworden, wie intensiv die Reise war!
    Super, eure Berichte und Fotos!
    Ganz herzliche Grüsse aus der CH
    Maru