09.11.2010: Zum Titicacasee

Zum Frühstück gab es heute Windbeutel! Naja, eigentlich ja einheimische Brötchen, aber irgendwie haben die es hier in der Colca Lodge nicht so mit dem Teig hinbekommen, denn als wir das Brötchen aufschneiden sehen wir nur zwei Hüllen, innendrin fehlt der Teig fast komplett. Darum haben wir den Brötchen den Namen Windbeutel gegeben. Allerdings war es schon erstaunlich, dass wir so früh am morgen, es war immerhin erst 6 Uhr, als wir zum Frühstück erschienen, schon so lustig und einfallsreich waren. Insgesamt kann man aber beobachten, dass wir alle kein Problem mit dem aufstehen haben. Alle sind immer pünktlich zum Frühstück und zur Abfahrt dabei.

Colca Lodge

Colca Lodge

Heute müssen wir die wunderschöne Colca Lodge verlassen, und damit leider auch das Colca Tal. Aber uns entschädigt die Erwartung des Titicacasees, der unser nächstes Ziel auf dieser Reise ist. Für viele hat der See eine mystische Bedeutung, ich persönlich habe ihn immer nur als einen der größten Seen der Welt wahrgenommen und gehe entsprechend neutral an diesen Punkt unserer Reise heran.

Nationalblume Perus und Boliviens

Nationalblume Perus und Boliviens

Um 7 Uhr fahren wir ab und lassen das Colca Tal hinter uns, der erste Stop ist das wenige Kilometer ntfernte Örtchen Chivay, welches wir jetzt schon ein paar mal durchquert haben. In Chivay verläßt uns unsere lokale Reiseleiterin Ute. Sie wird jetzt sicher die nächste Gruppe in Empfang nehmen.
Der Bus fährt weiter nach Yanque, als wir die Stadt hinter uns lassen, zeigt sich ein verirrter Kondor am Himmel. Aber nicht alle im Bus sehen ihn, wie ich später erfahre.
Während sich der Bus die Serpentinen hinauf schlängelt und langsam das Colca Tal verläßt, erfahren wir von unserer Reiseleiterin Andrea etwas über die jüngere peruanische Geschichte und die Politik im allgemeinen hier in Peru. Wir hören von den Wahlversprechen und der Korruption, von dem Leben der einfachen Menschen und von den Präsidenten, die auch tatsächlich etwas für das Volk getan haben. Es gab zum Beispiel einen Präsidenten Alberto Fujimuri,der dafür gesorgt hat, das die Bevölkerung auf dem Lande mit ausreichend Toiletten versorgt ist.
Nach etwa eineinhalb Stunden Fahrt halten wir wieder auf dem Paß von Pachapampa, der auf 4900m liegt. In dieser Höhe dürfen wir uns nur sehr langsam bewegen, denn sofort spüren wir den geringen Sauerstoffanteil der Luft an leichten Kopfschmerzen und der Kurzatmigkeit. Aber wir folgen unserem Tourguide Andrea hinaus durch eine Steinwüste und bewundern dann die Yaretta Pflanze, die auf den ersten Blick wie Moos aussieht und die Steine überwuchert, aber nicht weich sondern ebenso steinhart ist. Diese Pflanze hat ein so geringes Zellwachstum (1,5 mm radial pro Jahr), dass die Fläche, die wir hier auf dem Paß bewundern, ca 1500 Jahre alt sein muß und somit schon die Ureinwohner Perus gesehen hat.
Nach diesem kurzen Stop von etwa 15 Minuten geht die Fahrt im Bus weiter in Richtung Titicacasee. An diesem Morgen geht es mir persönlich nicht so gut, ich habe seit dem aufstehen leichte Kopfschmerzen und dann kommen im Verlauf der Busfahrt auch noch Ohrenschmerzen und ein Übelkeitsgefühl hinzu. Ich hoffe, das das im Lauf des Tages wieder verschwindet.
Andrea verkürzt uns die Fahrt indem sie uns etwas über die vielfältige Sprachlandschaft Perus erzählt. Insgesamt werden oder wurden in Peru 42 Sprachen gesprochen, einige davon hat Andrea selber an der Universität von Lima kennengelernt. Neben den Sprachen gibt es auch immer wieder andere Besonderheiten. An diesem Tag hat sie für uns die Sacha Inchi, die Inkanuss zum probieren. Diese Nuss schmeckt recht lecker und sie soll auch sehr gesund sein (u.a. aufgrund Ihrer gesunden Fette).
Nach der Inkanuss berichtet sie uns dann darüber, dass in Peru der Schamanismus immer noch sehr verbreitet ist. Sie kann wirklich sehr eindrucksvolle Geschichten aus dem eigenen Leben erzählen oder von Freunden, die diese Dinge erlebt haben. Zum Beispiel berichtet sie uns von einer Zeremonie, der sie beiwohnen durfte, bei der jemand mit einem Meerschweinchen behandelt wurde. Hierbei, so Andreas Aussage, muss sich der Patient ausziehen und der Schamane streicht mit einem Meerschweinchen über den ganzen Körper des Patienten. Dann wird das Meerschweinchen getötet und der Körper geöffnet und nachgeschaut, welche Organe des Meerschweinchens krank sind. Diese Aussage wird dann auf den eigentlichen Patienten übertragen und angenommen, das das Meerschweinchen einen Teil der Krankheit des Patienten übernommen hat, da es sich um sehr feinfühlige Lebewesen handelt. Eine andere Methode ist die Behandlung mit einem Ei, wobei statt mit dem Meerschweinchen mit einem Ei über den Körper des Patienten gestrichen wird. Das Ei soll nach altem Glauben dann die Krankheit des Patienten aufnehmen. Darum wird es am Ende der Behandlung dann auch zerschlagen, womit die Krankheit verschwindet.
Neben diesen Geschichten bewundern wir aber auch die karge und sehr rauhe Landschaft, die an uns draußen vorüberzieht. Wir haben das Glück, immer wieder Viqunias und Alpakas auf dem Feld grasen zu sehen.

Lama unterwegs

Lama unterwegs

 

Gegen 13 Uhr 20 erreichen wir den Ort Julianca, auch als Perle der Anden bezeichnet. Wobei wir sofort erfahren, das diese bezeichnet ironisch gemeint ist, denn Julianca ist kein Touristenort. Es ist eher eine Stadt der Gauner und Ganoven, hier wird alles kopiert und nachgemacht. Man kann hier gefälschte CDs und DVDs ebenso kaufen wie gefälschte Pässe. Der Bus fährt hier auch nur durch,
halten wäre zu gefährlich. Ehe man es sich versieht, sind die Reifen des Busses geklaut.
Gegen 13 Uhr 50 nehmen wir dann einen Ort weiter unseren nächsten lokalen Guide an Bord. Sein Name ist Benito. Auf den ersten Blick ist er ein komischer Kauz, er hat eine sehr blumige Sprache und wirkt etwas unorthodox. Aber er spricht gut deutsch, seine Muttersprache ist aber Aymar. Wir fahren mit ihm über das Altiplano, das Hochplateau. Zur musikalischen Untermalung legt Andrea eine CD von Micky Gonzales ein, einem angesagten
peruanischen Künstler, der antike Musik mit modernen Beats vermischt. Sehr interessant. Vielleicht nutze ich diese Musik zur Untermalung der Diashows.
Wir halten auf dem Altiplano und besuchen einen Bauernhof.

 

Bauersfrau

Bauersfrau

Wir werden sehr freundlich von dem Hausherrn aufgenommen, er begrüßt uns beim aussteigen aus dem Bus, in einer Hand das Seil, mit dem er das Lama neben sich her zieht. Hier auf seinem Hof erhalten wir einen sehr guten Einblick in das Leben der einfachen Menschen auf dem Altiplano. Das Leben hier spielt sich komplett ohne Strom,
fließendem Wasser und Heizung ab. Und das Leben spielt sich vor allem draußen auf dem Hof und auf dem Feld ab. Privatsphäre gibt es nicht, wie wir auch noch von Benito erfahren dürfen. Die gesamte
Familie schläft in einem Zimmer in einem großen Bett.
Die Bäuerin bringt uns ein paar Speisen zum probieren; wir sehen, wie sie Mehl mahlt. Die Gesichter der Bauersfamilie sind vom Wetter gegerbt und sie sehen um einige Jahre älter aus, als sie wirklich sind. Aufgrund der Temperaturen tragen die Frauen 4-5 Röcke übereinander und die Männer 2 Hosen.
Wir bewundern auch die kleine Medizinecke, die an einer Häuserwand hängt, lauter Kräuter, die hier auf dem Altiplano für allerlei Wehwechen eingesetzt werden, dann sehen wir die Webecke und das Spinnrad.
Dann holt die Bäuerin etwas hervor, was auf dem ersten Blick wie ein Spielzeugt aussieht, sich aber als eine Steinschleuder entpuppt. Sie demonstriert uns ein paar mal auf sehr eindrucksvolle Weise,
wie das ganze funktioniert. Sie macht es so eindrucksvoll, das Patrick es auch ausprobieren möchte. Natürlich fliehen alle vor seinem Versuch, aber es wird glücklicherweise keiner getroffen. Die
Bedeutung der Steinschleuder wird uns erst später erklärt, es handelt sich nämlich vor allem um eine sehr effektive Methode, in der Nacht unerwünschte Tiere vom Hof zu verscheuchen. Bei Tag wird es dazu genutzt, die Tiere zusammen zu treiben.

Lama

Lama

Nach diesem sehr schönen und eindrucksvollen Besuch geht es mit dem Bus weiter zu unserem Hotel am Titicacasee. Das Hotel ist direkt am Wasser gelegen und von unserem Zimmer können wir auf den See schauen. Beim Abendessen stellen wir erstaunt fest, das unsere Gruppe doch sehr homogen ist. Von 18 Teilnehmern haben 18 den Fisch dem Hühnchen vorgezogen und wir haben es nicht bereut. Die Lachsforelle aus dem Titicacasee ist sehr, sehr lecker zubereitet.
Nach dem Essen gehe ich noch zur Rezeption und versuche das Blog ins Internet zu übertragen, sowie ein paar Bilder, was aber aufgrund der langsamen Internetverbindung eine wahre Geduldsprobe war.

 

 

 

 

 

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